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Der Architekt Wilhelm Kreis diente vom Kaiserreich bis Adenauer

Die monumentalen Heiligtümer gab es nur auf dem Papier

Von Joe F. Bodenstein

 

 

Prof. Wilhelm Kreis: Entwurf für ein Heiligtum zu Ehren von Gefallenen in Europa bei Straßburg. Gewünscht war ein Relief „Die Kameraden" des Bildhauers Arno Breker.

Copyright Foto: Kreis-Archive, Marco-VG,Bonn

 

Berlin (bpb) Eine große Persönlichkeit der Architektur in Europa ist Professor Wilhelm Kreis (1873 bis 1955). Er wirkte in Deutschland während der unterschiedlichen Staatsformen: Kaiserreich, Weimarer Republik, NS-Zeit und Bundesreplik Deutschland unter dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer. Kreis verstand sich als ein Architekt des Monumentalen. Sein bedeutendster Schüler in seiner Architekturklasse Düsseldorf wurde Arno Breker. Bei einem Altersunterschied von 27 Jahren erreichte die Zusammenarbeit des Architekten und des Bildhauers Breker ab 1936 einen Höhepunkt.

Die Freundschaft hielt bis zum Tod von Kreis im Jahr 1955. An die enge Beziehung des Architekten mit dem bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Tradition des XX. Jahrhunderts erinnert eine von Breker geschaffene Büste Wilhelm Kreis. Die Marmorfassung steht heute in der von Kreis erbauten Ton-Halle in Düsseldorf, der Hauptstadt des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Das Erstmodell gehört zur Sammlung des Breker-Museums Schloss Nörvenich bei Köln.

Wilhelm Kreis zählt zu den wenigen Architekten, die trotz der politischen Umwälzungen zwischen dem Ende des 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa und ungeachtet der politischen System öffentliche Bauten verwirklichen konnte. So entstanden das Hygiene-Museum in Dresden (1927--1930) und das 1937 in Strehlen das Luftgaukommando, in den später die DDR-Militärakademie untergebracht war. Das umfangreiche Schaffen umfasste auch den Bau von Fabriken, Kur- und Warenhäuser, Museen, den Bahnhof Meißen oder Möbel für den Deutschen Werkbund.

Mit seinem 60. Geburtstag erhielt Kreis 1933 den Auftrag der Reichsregierung, die würdige Gestaltung der Kriegsgräber zu übernehmen sowie Ehrenmale für die Gefallenen in Europa zu errichten. Diese „Heiligtümer" und „Burgen der Toten" blieben jedoch weitgehend Pläne auf dem Papier. In Zusammenarbeit mit Adolf Hitlers Architekten Albert Speer sollten tempelartige Anlagen entstehen. Den Skulpturenschmuck sollten zeitgenössische europäische Künstler schaffen. So hatte Kreis unter anderem für ein „Heiligtum" bei Strassburg das Relief zweier Kameraden von Breker vorgesehen.

Über 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges werden im Jahr 2002 in der deutschen Öffentlichkeit diese großen Aufgaben im NS-Staat totgeschwiegen, übergangen oder beklagt. Nachschlagwerke und Lexika führen den Namen Wilhelm Kreis kaum, da er von Verlegern und Kunsthistorikern geächtet wird.

 

Als junger Architekt rund 50 Türme zu Ehren von Bismarck erbaut

 

 

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Wilhelm Kreis: Entwurf für den Bismarck-Turm bei Frankfurt an der Oder. Der Turm hatte eine Feuerschale an der Spitze. Darin wurde an Gedenktagen Feuer entzündet. Sowjetrussen und Polen haben das von Deutschen errichtete Bauwerk nach 1945 zerstört.

Copyright Foto: Kreis-Archive/Marco-VG, Bonn

 

Wilhelm Kreis wurde 1873 in Eltville bei Bingen am Rhein geboren. Er entstammt einer angesehenen Weinbauernfamilie. Er starb am 13. August 1955 in Bad Honnef am Rhein. Der Ort liegt unweit von Rhöndorf, dem Wohnort von Konrad Adenauer.

Mit 18 Jahren verließ Kreis seine Vaterstadt, um an verschiedenen Orten Architektur zu studieren. Kreis hatte das Examen noch nicht in der Tasche, da gewann er den 1. Preis im Wettbewerb um das Leipziger Völkerschlachtdenkmal, dessen Ausführung man ihm jedoch nicht übertrug. Das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig ist heute noch ein Wahrzeichen der Messestadt. Zur Erinnerung an die kriegsentscheidende Schlacht gegen Napoleon errichtet, wurde es im Oktober 1913 als größter Denkmalsbau Europas eingeweiht

„Ich wollte stets monumental arbeiten", sagte Kreis nach dem Krieg. „Und dazu benötigt man die entsprechenden Auftraggeber." Den Hang zum Monumentalen verdankte Kreis seinem Lehrer August von Thiersch in München. Paul Wallot berief den jungen Architekten 1899 an die Dresdner Kunstgewerbeschule, wo er ab 1902 eine Professur innehatte.

Bereits vor seiner Berufung war Kreis durch die Entwürfe für die so genannten Bismarck-Türme bekannt geworden.

Was ist eigentlich ein Bismarck-Turm? Man errichtete in Deutschland zwischen 1869 und 1933 diese spezielle Form des Denkmals an exponierten Punkten, um den Gründer des Deutschen Reiches, Otto von Bismarck, zu ehren. An Bismarcks Geburtstag und anderen Gedenktagen sollten Feuer auf dem Turm brennen.

Kreis hatte Bismarck als Student von 20 Jahren die Hand geschüttelt. 1899 gewann Kreis den Wettbewerb der deutschen Studentenschaft mit Entwurf einer Bismarcksäule. Rund 50 Bismarck-Türme wurden meist nach dem Kreis-Entwurf mit dem Titel „Götterdämmerung" errichtet. Dazu gehörte auch der Turm bei Frankfurt an der Oder im heutigen Polen. Er wurde von der sowjetischen Roten Armee und Polen zerstört.

In Deutschland stehen dagegen diese besonderen Bauten unter staatlichen Denkmalschutz. Städte und Gemeinden sorgen immer wieder für ihre Erhaltung und Renovierung. Dazu gehören die Städte Köln und Aachen. Bismarck-Türme sind begehrte Ausflugsziele.

 

 

Copyright 2002 Prometheus/Wilhelm-Kreis-Archiv, Prometheus 83/2002.

 

 

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 Nr. 83, Summer 2002