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Erinnerung an Jüdisches Leben in Nörvenich

Gedenken für das Mädchen Marianne und Kinder ihrer Generation

 

Von Marco J. Bodenstein

 

 

Kerzen auf dem siebenarmigen Leuchter Menorah spendeten auf Schloss Nörvenich mildes Licht. Der versilberte Leuchter stammt aus der Sammlung sakraler Gegenstände des Museums Europäische Kunst. Die Menorah ist eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums. Es wurde bei der Gründung Israels in das Staatswappen aufgenommen. Die Menorah soll die Erleuchtung symbolisieren. Außerdem spiegelt sich darin die Zahl Sieben mit den ihr zugesprochenen Bedeutungen im jüdischen Denken wieder. Die Sieben steht unter anderem für die Weisheit Gottes.

© Foto Marco-VG, Bonn

 

 

Nörvenich/Berlin (bpb) Gedenken an jüdisches Leben in Deutschland standen im Mittelpunkt von Veranstaltungen zum 70. Jahrestag der so genannten Reichskristallnacht. Zu den Feierstunden waren auch jüdische Menschen aus den USA und Israel gekommen, deren familiären Wurzeln in Deutschland liegen. Neben dem offiziellen Staatsakt der deutschen Regierung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin haben auch Deutsche in kleinen Orten der früheren jüdischen Bevölkerung gedacht.

Ein gutes Beispiel ist dabei die Gemeinde Nörvenich im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Dort wurde mit einem Festakt am 16. November 2008 auf Schloss Nörvenich an das jüdischen Mädchens Marianne erinnert, die 1926 geboren wurde. Sie hatte mit ihren Eltern in einem Haus in der Burgstrasse gegenüber dem Schloss gewohnt, das bei Kriegsende 1945 beim Einmarsch von US-Truppen stark beschädigt und dann abgerissen wurde. Als am 9. und 10. November 1938 der Sturm auf Synagogen und jüdische Geschäfte in Deutschland begann, war Marianne zwölf Jahre alt.

Die Feierstunde in der Großgemeinde Nörvenich war zugleich allen Kindern ihrer Generation gewidmet. Zum Gedenken an die jüdischen Opfer hatte die Schlossverwaltung den silbernen siebenarmigen Kerzenleuchter Menorah aufgestellt und die Fahne Israels auf Halbmast gesetzt.

Die Initiative zur Ehrung im Rahmen des 70. Jahrestags der Reichspogromnacht ging vom Heimat- und Geschichtsverein e.V. Nörvenich unter Vorsitz von Wilhelm Esser und seines Stellvertreters Heinz Arthur Bergrath aus. Schloßherr John G. Bodenstein hatte für diesen denkwürdigen Anlaß den Fürstensaal des historischen Gebäudes bereitgestellt. Unter den offiziellen Gästen war Bürgermeister Hans Jürgen Schüller. Er war auch dabei, als im Anschluß an den Festakt im Schloßpark der Gemeinde ein vom Heimat- und Geschichtsverein initiierter kleiner Ort des Gedenkens enthüllt wurde.

Am Gedenken auf Schloss Nörvenich nahm auch der verdiente Heimatforscher Karlheinz Türk (Düren) teil, der mit der Gemeindeverwaltung die Broschüre „Jüdisches Leben in Nörvenich 1754 bis 1941 herausgegeben hat. Der Autor war vor über sieben Jahrzehnten ein Klassenkamerad des jüdischen Mädchens. Als Zeitzeuge fanden seine Ausführungen besonderes Interesse. Den zeitgeschichtlichen Vortrag über „Leben unter dem Hakenkreuz" hielt Heimatvereinsvorsitzender Wilhelm Esser. Er rief dabei die politische Lage in Deutschland zu Beginn der 30er Jahre sowie das Leben in der NS-Zeit in Erinnerung und die Verfolgung von Regimegegnern.

Zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht fanden im November 2008 zahlreiche Gedenkveranstaltungen in ganz Deutschland statt. Am offiziellen Staatsakt der Bundesregierung und des Zentralrats der Juden in Deutschland zur Erinnerung an die „Reichskristallnacht" in Berlins größter Synagoge Rykestraße nahmen an 9. November 2008 auch Vertreter der Schlossfamilie Bodenstein, der Europäischen Kultur-Stiftung und des Museums Europäische Kunst Schloss Nörvenich teil. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Zentralratsvorsitzende Charlotte Knobloch (München) hielten Gedenkreden. Ebenso waren Repräsentanten von EKS und Museum bei Gedenk- und Trauerveranstaltungen im Deutschen Historischen Museum Berlin (DHM) und bei anderen Veranstaltungen mit Holocaust-Überlebenden dabei.

 

Die Schrift „Jüdisches Leben in Nörvenich 1754 bis 1941" von Karlheinz Türk ist über die Gemeinde Nörvenich (Telefon 0228 1010) zu beziehen und bei info@europaeische-kultur-stiftung.org (18.11.08)

 

 

© PROMETHEUS 137/2008

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 137, November 2008