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Das deutsche Theater muss „Weltkulturerbe" werden

Die Deutsche Antje Vollmer kämpft für die Ausweitung des Unesco-Begriffs

 

Von B. John Zavrel

 

 

Dr. Antje Vollmer, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

 

Berlin (ms) Die deutsche Politikerin und Theologin Dr. Antje Vollmer setzt sich dafür ein, dass die deutsche Theaterlandschaft zum „Weltkulturerbe" der Unesco erklärt wird. „Der Begriff Weltkulturerbe muss erweitert werden", sagte Vollmer in einem Interview mit dem Internet Art-Bulletin Prometheus. „Meine Anregung soll dazu beitragen, die Diskussion zu vertiefen. Es gibt kulturelle Werte in Deutschland und vielen Völkern, die über Bauwerke und Landschaften hinaus erhaltenswert sind." Die Möglichkeiten müssen international geschaffen werden.

Vollmer ist Kulturpolitische Sprecherin der Partei Bündnis 90/Die Grünen, die unter Bundeskanzler Gerhard Schröder mit in der Regierung der Bundesrepublik wirkt. Die Politikerin ist international kulturell engagiert. Unter anderem setzt sie sich für die Erhaltung der Kultur Tibets ein. Sie ist um einen Ausgleich Chinas mit dem im Exil lebenden Dalai Lama bemüht, den sie persönlich kennt.

Im Sinne des Unesco-Übereinkommens gelten als „Kulturerbe" unter anderen Werke der Architektur, Großplastiken und Monumentalmalerei. Hinzu kommen Objekte oder Überreste archäologischer Art, Inschriften, Höhlen und Verbindungen solcher Erscheinungsformen, die aus geschichtlicher, Künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind. Ausgewählte Objekte wurden bisher auf die Liste des Kulturerbes der Menschheit gestellt und gelten als vorrangig schutzwürdig.

Beim Abschluss des Übereinkommens am 16. November 1972 habe man bereits offen gelassen, die Liste der Objekte zu erweitern. „Der Begriff "Weltkulturerbe" ist in Bewegung und nicht eindeutig festgelegt", sagte Vollmer. „Deshalb lässt er sich auch durch neue Vorschläge erweitern. Insofern ist es durchaus möglich und denkbar, die deutsche Theaterlandschaft zum Unesco-Weltkulturerbe zu erklären. Eine solche Erweiterung des allgemeinen Verständnisses von "Weltkulturerbe" ist das erste Ziel dieses Vorschlags."

Deutschland hat eine lange und hohe Theatertradition. Es ist das Land von Goethe und Schiller, den großen Dichtern deutscher Sprache, die international bekannt sind wie das Werk von William Shakespeares. Es ist das Land von Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann mit Kulturstätten wie Weimar und der Wagner-Festspielstadt Bayreuth in Bayern.

In Deutschland gibt es nach der Statistik 943 Theater mit 353.412 Sitzplätzen. Unter den 393 Bühnen der Kommunen und der Staatstheater bilden die 242 Stadttheater den größten Block. Ihre kultur- und gesellschaftspolitische Aufgabe sei unverzichtbar, sagte Vollmer. Neue Medien und TV-Übertragungen seien keine Alternative zu lebendigem Theater und dem Life-Erlebnis im Theatersaal. TV-Übertragungen könnten die unmittelbare, nahe Präsenz von Bühne und Schauspielerin nicht ersetzen.

Ein sinkendes Interesse am Theater sei nicht zu erkennen. "Im Gegenteil. Gutes Theater hat sein Publikum. Das Berliner Ensemble und das Nationaltheater Weimar haben zum Beispiel gerade erst neue Besucherrekorde aufgestellt." Wohl gebe es aber in manchen Theatern „eine Tendenz zur provokativen Publikumsbeschimpfung, gepaart mit einer längst zur hohlen Geste verkommenen Provokationshaltung sowie der pseudo-heroischen Auffassung, man müsse zunächst das Theater leer spielen, um es dann wieder zurückzuerobern", sage Vollmer. Die Zuschauer empfänden dabei heute meist Langeweile.

 

Copyright 2002, Prometheus 84/2002

 

 

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Nr. 84, Autumn 2002