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Adenauer Fried Chicken

Warum der Deutsche Kanzler gerne Brathähnchen aß und seine Folgen

Von B. John Zavrel

 

Brathähnchen in der Art, wie es in den Wienerwald-Restaurants angeboten wurde. Das Geheimnis des Erfolgs war die damalige Fleischqualität und das Geheimnis der Gewürzmischung. Die Deutschen bestellten meist ein ganzes Hähnchen, um ihren Appetit nach den Hungerjahren im Krieg zu stillen.

Foto: Gastro

 

New York/Bonn (mea) Adenauer und seine „Fried Chicken" ist eine sympathische Geschichte von und über den ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Konrad Adenauer (1876&endash;1967) hatte in der Zeit seiner Kanzlerschaft (1949-1963) einmal gesagt, dass er wie die meisten Deutschen in der Nachkriegszeit gerne Brathähnchen esse. In einem Gespräch über sein Privatleben mit dem Parlamentskorrespondenten Joe F. Bodenstein in der Bundeshauptstadt Bonn erzählte er schmunzelnd: „Was glauben Sie, was die Bemerkung--so ganz nebenbei gemacht--für Folgen hatte. Danach gab es bei den meisten Einladungen an mich immer Brathähnchen."

Nach einiger Zeit konnte Adenauer diese Gerichte offensichtlich nicht mehr sehen. Schließlich sorge seine Protokollchefin Erica Pappritz für Abhilfe. Wo immer Dinner für den Regierungschef zu arrangieren waren, ließ die Etikette-Dame charmant und unnachgiebig signalisieren: No chciken, please! Bei allem Verständnis, dass illustre Gastgeber für den berühmten Staatsmann das Beste wollten, wurde die Pappritz bei einer internen Protokollbesprechung deutlich: „Immer wieder Hühnchen &endash; das muss einem ja einmal zum Halse heraushängen."

Tatsächlich war Fleisch im Allgemeinen und Hühnchen im Besonderen nach Kriegsende 1945 der Renner. Während des Zweiten Weltkrieges waren die Lebensmittel in Deutschland streng rationiert. Danach wurde das Konsumverhalten im Westdeutschland beschleunigt, nachdem Adenauers Wirtschaftsminister Professor Ludwig Erhard mit amerikanischer Billigung die Währungsreform durchsetzte. Wie ein Wunder: über Nacht waren die Regale in den Geschäften wieder voll. Die mit der Wirtschaftsreform verbundene Entwertung der Reichsmark aus der Hitler-Zeit und Umstellung auf die D-Mark (Deutsche Mark) führte durch harte Arbeit und Fleiß der deutschen Männer und Frauen bald zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in der jungen Demokratie. Mit der „harten D-Mark" kam auch im Vergleich zu vorher der von den christdemokratischen Politikern verkündete „Wohlstand für alle".

Zu diesem für die Bürger erreichbaren Wohlstand gehörten auch der steigende Konsum und die Gastronomie-Kette Wienerwald, deren Hauptgericht das „Brathähnchen" war. Der einfache Kellner Friedrich Jahn (1923-1998) aus Linz (Österreich) hatte sie gegründet. Das erste Wienerwald-Restaurant eröffnete Jahn 1955 in München. Damals war Konrad Adenauer 79 Jahre alt. Auch er hat diese knusprigen Köstlichkeiten gegessen.

Der „Hähnchen-König" Jahn war ein „Workaholic", sagt man. Er wurde sehr vermögend, schuf viele Arbeitsplätze und etablierte sogar im Waldorf-Astoria-Hotel in New York City ein Wienerwald-Restaurant.

Auf einer seiner offiziellen Besuche in den USA wollten die Gastgeber den deutschen Staatsgast „eine Freude bereiten" und ließen ihm Kostproben von Kentucky Fried Chicken servieren. Adenauer erinnerte sich später an die ihm zugedachte Aufmerksamkeit: "Sie schmecken lecker und würzig. Aber das ist eher etwas für junge Menschen. Im Alter solle man seinen Magen entsprechend schonen und einfach nicht alles mehr essen, was einem schmeckt.". So blieb Adenauer der deutschen Küche und dem deutsch-bayerisch-österreichischem Brathähnchen mit milder Würzung treu. Adenauer starb am 19. April 1967 im Alter von 91 Jahren in seinem Haus in Rhöndorf am Rhein. Er wurde auf dem Waldfriedhof im Familiengrab beigesetzt.

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 175, February 2012