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Bund der Vertriebene hat mehr Mitglieder als die politischen Parteien in Deutschland

Vertriebene Deutsche treten für Versöhnung und Gerechtigkeit ein

V on B. John Zavrel

 

Ein schweres und wichtiges Amt hat die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen in Deutschland. Seit über zehn Jahren führt Erika Steinbach die Organisation trotz heftiger Kritik aus ehemaligen Ostblockstaaten, die nach 1945 Nutznießer der Vertreibung von millionen deutscher Menschen wurden. „Worauf es ankommt, ist Versöhnung und Gerechtigkeit", sagt die CDU-Politikerin. „Das ist das zentrale Anliegen von Vertriebenen und ihrer Nachkommen zur Gestaltung einer friedlichen Zukunft."

Foto: Marco-VG, Bonn

 

Berlin/Prag/Warschau (bpb) Der Bund der Vertriebenen (BdV) in Deutschland hat inzwischen mehr Mitglieder als alle anderen demokratischen Parteien in der Bundesrepublik zusammen. Die Mitgliedererhebung 2011 innerhalb des BdV ergab, „dass 1.300.000 Menschen unserem Verband angehören", erklärte die größte nationnale Vertriebenenorganisation der Welt im November 2011 in Berlin.

Rechnerisch gesehen ergibt sich folgendes Bild: Damit engagieren sich allein im BdV so viele Menschen wie in allen demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag. Die Christdemokraten CDU, CSU, die Sozialdemokraten SPD, die Liberalen FdP und Bündnis 90/Die Grünen verzeichnen insgesamt nur noch 1.230.000 Mitglieder.

 

BdV&endash;Präsidentin Erika Steinbach erklärte zu dem Ergebnis in einer Pressemitteilung:

"Naturgemäß befindet sich unser Verband in einer Übergangsphase von der Erlebnisgeneration zur Bekenntnisgeneration. Das hat sich bereits im Rückgang der Mitgliederzahlen niedergeschlagen. Unser Anliegen für die Zukunft ist es, die junge Generation für das Schicksal ihrer Vorfahren zu sensibilisieren und das kulturelle Erbe weiterzutragen. Darüber hinaus wollen wir das Interesse und Engagement aus dem Bereich der von Vertreibung nicht betroffenen Familien und deren Nachfahren gewinnen." ( http://www.bund-der-vertriebenen.de )

Die eigentlich positive Mitgliederentwicklung in der zentralen Vertriebenenorganisation gegenüber den politischen Parteien dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch bei den Vertriebenenverbänden eine sinkende Tendenz zu beobachten ist. Die Mitgliederzahl sinkt vor allem durch Todesfälle der Kriegsgeneration.

BdV&endash;Präsidentin Steinbach führt als Bundestagsabgeordnete der CDU seit über zehn Jahren den Verband gegen stärksten Widerstand vor allem aus Polen und Tschechien. Dabei gilt die in Westpreußen geborene Politikerin als treue Verfechterin der Versöhnung und Freundschaft mit osteuropäischen Ländern, die von Historikern auch „Vertreiber-Staaten" genannt werden.

 

Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia schreibt über die BdV-Präsidentin:

„Erika Steinbach, geb. Hermann (* 25. Juli 1943 in Rahmel, Reichsgau Danzig-Westpreußen; seit 1945 wieder Rumia, Polen), ist eine deutsche Politikerin Christlich Demokratische Union Deutschlands" CDU). Sie ist seit 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages und seit 1998 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV). Sie ist Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und gehört dem Fraktionsvorstand an".

 

Eine Landkarte in den alten Grenzen Deutschlands. Sie wurde von historisch interessierten Personen in das Internet zur allgemeinen Information gestellt. Die Karte mit der Markierung „verlorene Gebiete" soll auch als Diskussionsgrundlage dafür gelten, worüber man sich Gedanken machen sollte.

Foto: Website

 

Deutschlands Grenzen sind ein Tabu-Thema

Die Bundesrepublik Deutschland hat schon zur Zeit von Konrad Adenauer Versöhnungspolitik mit allen ehemaligen Kriegsgegnern betrieben. Eine besondere Stellung nahm und nimmt weiterhin das deutsch-jüdische Verhältnis ein. Als ein Ergebnis der von Adenauer begonnen „Friedenspolitik in Europa" kann gewertet werden, dass im Jahre 2011 eine Vielzahl von Städtepartnerschaften zwischen Deutschland, Polen und Tschechien besteht, die vorwiegend auf deutsche Initiative entstanden.

Ein absolutes Tabu-Thema in Deutschland sind die Probleme der Deutschen Grenzen. Offiziell greife die Politik diese Frage zur Enttäuschung deutscher Bürger nicht auf. Umso mehr finden Diskussionen in der Bevölkerung „hinter verschlossener Tür" statt. Es ist daher zu befürchten, dass das Totschweigen zu einer Eskalation auch unter der Generation führen kann, die über Weltkrieg, Nazi-Zeit und ehemaligen Kalten Krieg zwischen Ost- und West nur vom Hörensagen Weiß.

Bei ihnen ist jedoch erstaunlicherweise im Bewusstsein geblieben, dass Millionen Deutsch mit Zustimmung der Siegermächte einschließlich der USA nach 1945 aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden. Damit war die Enteignung ihres oft Jahrhunderte alten deutschen Besitzes an Haus und Hof verbunden. Bei der Jugend stellen sich daraus Fragen nach dem Völkerrecht.

Es ist nun zu beobachten, dass bei Deutschen aller Generationen das Verlangen nach einem Deutschland in den Grenzen vor Kriegsausbruch besteht. Solche „Illusionen" haben jedoch nur eine Plattform in Internet-Foren und gelten als „Gedankengut rechter Parteien".

 

 

Copyright 2011 PROMETHEUS

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 172, November 2011