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Deutsche Krebshilfe schafft „politisches Forum" mit Regierungsvertretern

Gerd Nettekoven ermutigt: „Patientenbeteiligung ist unser gutes Recht"

Von Parlamentskorrespondent Joe F. Bodenstein

 

Im Auftrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Gerhard Zöller, zu den Patientenvertretern auf einem Treffen in Berlin. Dabei würdigte er zugleich das vorbildliche bürgerliche Engagement für Krebskranke Menschen.

Foto: dkh/Marco, Bonn

 

 

Berlin/Bonn (bpb) Die Deutsche Krebshilfe hat ein politisches Forum geschaffen, in dem Patientenvertreter die Probleme und Forderungen der Krebskranken mit Regierungsvertretern erörtern: den Tag der Krebs-Selbsthilfe. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zum ersten Forum dieser Art in Berlin am 10. November 2011 den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Gerhard Zöller, entsandt. Er diskutierte mit über 150 Vertretern der Selbsthilfe, der Kostenträger sowie Experten der Gesundheitspolitik unter dem Motto „Patientenbeteiligung: Unser gutes Recht!" über Sinn und Möglichkeiten, Patienten an Entscheidungsprozessen über das Gesundheitswesen zu beteiligen.

Die Deutsche Krebshilfe ( http://www.krebshilfe.de) hat die Veranstaltung gemeinsam mit den von ihr geförderten Krebs-Selbsthilfeorganisationen ausgerichtet. Dabei erörterten die Teilnehmer aus allen Bundesländern die Bedeutung und Chancen, künftig die Erfahrung und Meinung von Krebskranken während der Behandlung und nach einer Heilung in die Gesundheitspolitik einfließen zu lassen.

„Mit dem Tag der Krebs-Selbsthilfe haben wir ein politisches Forum geschaffen und erreicht, dass Ärzteschaft und Gesundheitspolitik Patientenvertreter immer mehr als Partner wahrnehmen", erklärte Gerd Nettekoven, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. Gemeinsam mit allen von ihr geförderten Krebs-Selbsthilfeorganisationen setzt sich die Deutsche Krebshilfe ferner dafür ein, dass Patientenvertreter in Fachgesellschaften vertreten sind, erinnerte Nettekoven. Darüber hinaus müssten sie bei der Erstellung von Leitlinien mitarbeiten, im ‚Nationalen Krebsplan' der Bundesregierung mitwirken und generell in gesundheitspolitischen Fragen gehört werden".

Der Regierungsbeauftrage Wolfgang Zöller betonte, dass im Kampf gegen den Krebs jeder dabei engagierte Bürger in seinem Aufgabenbereich mitwirken müsse. Der CSU-Politiker dankte den Selbsthilfe-Vertretern auf der Veranstaltung für ihr ehrenamtliches Engagement. Zöller sagte, da es Aufgabe der Krankenkassen sei, Patientinnen und Patienten zu vertreten, müssten sie die Selbsthilfe künftig auch stärker fördern.

 

Prof. Englert: Forderung aus der Praxis

„Patientenvertreter bringen ihre eigene, persönliche Betroffenheit und das Erfahrungswissen, das sie in ihren Organisationen gesammelten haben, in Entscheidungen über das Gesundheitswesen ein", sagte Professor Dr. Gerhard Englert. Er ist Vorsitzender der Deutschen ILCO, einer Organisation für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs. Ferner ist er Vorsitzender des Patientenbeirates der Deutschen Krebshilfe.

Englert forderte: „Jetzt kommt es auf drei Dinge besonders an: 1. die Finanzgrundlage für die Arbeit der Selbsthilfe zu verbessern, 2. die Legitimation der Patientenvertreter institutionell zu stärken und 3. die Beteiligungsrechte weiterzuentwickeln." Damit brachte Professor Englert nach Ansicht von Tagungsteilnehmern die Diskussion auf den Punkt.

 

Reformen im Gemeinsamen Bundesausschuss angemahnt

„Aus meiner Zeit im Gemeinsamen Bundesausschuss weiß ich, wie wertvoll unsere Arbeit dort ist und welche großen Fortschritte wir schon gemacht haben", sagte Englert. Zugleich mahnt er weitere Reformen an. Patientenvertreter wirkten beratend an den Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) darüber mit, welche medizinischen Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Jedoch hätten sie im GBA kein volles Stimmrecht. Englert kritisiert, dass Patientenvertreter damit noch nicht ausreichend legitimiert seien, die Interessen der Betroffenen zu vertreten „Gleichzeitig muss man endlich die leidige finanzielle Situation lösen, in der die Selbsthilfe seit Jahren steckt. Die Krankenkassen, die über das Sozialgesetzbuch gesetzlich zur grundlegenden finanziellen Ausstattung der Selbsthilfe verpflichtet sind, müssen für mehr finanzielle Planungssicherheit und Transparenz sorgen", forderte Englert in Berlin.

 

Beste Arzneimittel für Krebskranke angestrebt

Beim „Tag der Krebs-Selbsthilfe" machten Delegierte deutlich, wo sie Einfluss auf das Gesundheitswesen nehmen. So wirken Patientenvertreter auch an der Nutzenbewertung von Arzneimitteln und damit an der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen mit. Ralf Rambach, Vorsitzender der Deutschen Leukämie- und Lymphomhilfe und Patientenvertreter, sagte beim Treffen in der deutschen Hauptstadt: „Indem wir uns beteiligen, wollen wir für krebsbetroffene Menschen eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen."

Ferner haben Vertreter des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe an einer ärztlichen Behandlungsleitlinie mitgewirkt und damit die Qualität der Patientenversorgung verbessert. Auch die Versorgung von Stomaträgern mit Hilfsmitteln hat sich durch die Beteiligung von Patienten an Entscheidungsprozessen verbessert. „Für Menschen mit einem künstlichen Darm- oder Blasenausgang ist ein hautverträglicher, zuverlässig abdichtender Stomaverschluss notwendig, um am gesellschaftlichen Leben ungehindert teilhaben zu können", forderte Maria Haß (Deutsche ILCO). Haß bat eindringlich, die Beratung und den Verkauf von Hilfsmitteln zu entkoppeln und eine unabhängige Beratung eigenständig zu vergüten.

 

Die erfolgreiche Tagung in Berlin zeichnete sich vor allem auch durch die guten Kontakte zwischen den Experten sowie den Vertreterinnen und Vertretern der Krebs-Selbsthilfe aus. Mitten drin: der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven (zweiter von rechts). Er dankte für den ehrenamtlichen Einsatz und ermutigte, die Arbeit für die Krebskranken und den Dienst an der Gemeinschaft fortzusetzen.

Foto: dkh/bpb

 

Das Fazit des Tags der Krebs-Selbsthilfe 2011 in Berlin ist: „Patientenbeteiligung ist kein Gnadenakt des Staates oder von Einrichtungen des Gesundheitssystems. Es ist dringend notwendig, sie weiterzuentwickeln und auf eine stabile Finanzgrundlage zu stellen."

Das Treffen in Berlin wurde von Teilnehmern als zukunftsweisend bezeichnet. Die Organisation der erfolgreichen Tagung lag federführend bei Bereichsleiterin Christiana Tschoepe (Allgemeine Öffentlichkeitsarbeit) und dem Team der Pressstelle mit Pressereferentin Birgitt Zellissen. Informationsmaterial zu allen angesprochenen Themen können bei der Deutschen Krebshilfe (53113 Bonn, Buschstrasse 32) kostenlos angefordert werden. Telefon 02 28/7 29 90-96

Die von der Röntgenärztin Dr. Mildred Scheel gegründete „größte Bürgerinitiative gegen den Krebs" finanziert ihren Maßnahmen ausschließlich durch private Spenden. Dadurch bleibt sie von der Wirtschaft und der Pharma-Industrie unabhängig. Zur Finanzierung dieser Hilfen und der Krebsforschung bittet die gemeinnützige Organisation stetig um Geldspenden an die Deutsche Krebshilfe, Konto 82 82 82, Kreissparkasse Köln, BLZ 370 502 99 (IBAN: DE23 3705 0299 0000 8282 82. SWIFT/BIC: COKSDE 33)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 172, November 2011