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Scharfe Kontroverse um aktive Sterbehilfe in Deutschland

Deutsche Krebshilfe setzt auf Palliativmedizin für ein humanes Sterben

 

Von bpb-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

„Der hippokratische Eid ist überholt" meinen Befürworter der aktiven Sterbehilfe. Der Arzt Hippokrates von Kós (* um 460 v. Chr. auf der griechischen Ägäisinsel Kós; Ý um 375 v. Chr. in Larissa, Thessalien) war der berühmteste Arzt des Altertums und ein Zeitgenosse Platons. ‚Der Eid des Hippokrates ist seit Jahrhunderten die moralische Leitlinie der Ärzte und Heilberufe. Der Äskulap-Stab auf unserem Bild ist das Symbol der Ärzte.

© Marco-VG, Bonn

 

Berlin/Bonn (bpb) Die Diskussion um Sterbehilfe ist in Deutschland neu entflammet, nachdem der Hamburger Justizsenators Roger Kusch (CDU) im Oktober 2005 zur Legalisierung der aktiven Sterbehilfe aufgerufen hat. Er ist jedoch bei Politikern aller Parteien in Berlin auf erbitterte Ablehnung gestoßen. In der aktuellen Kontroverse setzt die Deutsche Krebshilfe auf eine Verbesserte Palliativmedizin für ein humanes Sterben. Die Präsidentin der Hilfsorganisation, Professor Dr. Dagmar Schipanski, plädierte für „ein Leben in Würde bis zum Lebensende".

Vor dem Hintergrund anhaltender Diskussionen um die aktive Sterbehilfe betont die Deutsche Krebshilfe, dass eine liebevolle, kompetente und menschliche Begleitung am Lebensende unverzichtbar ist. „Kein unheilbar kranker Patient soll mehr unter Schmerzen sterben müssen. Die Palliativmedizin trägt dazu bei, Menschenwürde zu erhalten und einen bewussten Abschied zu ermöglichen", bekräftigte DKH-Geschäftsführer Gert Nettekoven in Bonn.

Patienten, die nicht mehr geheilt werden können, brauchen besondere Zuwendung und Behandlung. Dieser Aufgabe stellt sich die Palliativmedizin. Die Deutsche Krebshilfe hat maßgeblich dazu beigetragen, diese Medizin in Deutschland zu etablieren. Mit der Einrichtung des seit November 2004 besetzten Lehrstuhls für Palliativmedizin am Klinikum der Universität Köln ermöglicht die Krebshilfe auch die fachübergreifende Ausbildung der Ärzte.

Dies ist ein wichtiger Baustein für eine gute, flächendeckende palliativmedizinische Betreuung. „Wir können etwas für sterbenskranke Menschen tun. Wir können sie zwar nicht mehr heilen, aber wir können ihnen ein lebenswertes Leben bis zuletzt ermöglichen", sagt Professor Dr. Raymond Voltz, Inhaber der Stiftungsprofessur in Köln. Die Deutsche Krebshilfe hat die Einrichtung des Lehrstuhls für Palliativmedizin am Klinikum in Köln bisher mit rund 1,7 Millionen Euro unterstützt. Diese Förderung reiht sich ein in eine Vielzahl von Projekten zur Verbesserung der palliativmedizinischen Betreuung in Deutschland. Dazu gehören auch Palliativstationen, ambulante und stationäre Hospize, Hausbetreuungsdienste sowie Aus- und Weiterbildungsstätten. Der Bedarf an Palliativmedizin wird weiter steigen. „Die Deutsche Krebshilfe wird sich daher auch in Zukunft mit entsprechenden Förderungsprogrammen auf dem Gebiet der Palliativmedizin engagieren", versichert Geschäftsführer Gerd Nettekoven.

 

Sterbehilfe und NS-Vergangenheit mit Euthanasie

Ziel der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität unheilbar kranker Menschen bis zuletzt zu erhalten. Dazu gehört die Bekämpfung von Schmerzen und anderer Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot oder Verwirrtheit. Auch psychische, soziale und spirituelle Anliegen rücken verstärkt in den Vordergrund. Die Bezeichnung „Palliativmedizin" leitet sich vom lateinischen Wort „pallium" (Mantel oder Umhang) ab und steht für Linderung, Schutz und Wärme. Die Deutsche Krebshilfe ist Wegbereiterin der Palliativmedizin in Deutschland und hat in deren Weiterentwicklung bislang rund 47 Millionen Euro investiert.

Die Forderung des Hamburger Justizsenators nach Änderung der Gesetzeslage zur Erleichterung der aktiven Sterbehilfe ist in Deutschland auch wegen der Euthanasie in der NS-Zeit historische belastet. Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) forderte, die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen unbedingt beizubehalten, weil damit eine wichtige Signalwirkung verbunden sei. «Jede Aufweichung des Tatbestandes schwächt den Schutz des Lebens.»

Der sächsische Justizminister Geert Mackenroth (CDU) wies ebenfalls den Vorschlag seines Amtskollegen und Parteigenossen Kusch scharf zurück. Der grundsätzlich gesicherte Lebensschutz würde durch eine aktive Sterbehilfe in ganz bedenklichem Maße ausgehöhlt, sagte Mackenroth der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". „Aus vielen Gesprächen mit Palliativmedizinern weiß ich, dass eine punktgenaue Abgrenzung in der Praxis nicht möglich ist".

Die Landesbischöfin Margot Käßmann (Hannover) warnte in der „Süddeutschen Zeitung» (München) vor einem «gefährlichen Weg für die Gesellschaft». Im Falle der Legalisierung der Sterbehilfe hätte sie allergrößte Furcht vor einem Missbrauch. Bei der Entscheidung über eine Tötung auf Verlangen könnten auch die Kosten einer Behandlung eine Rolle spielen, warnte Käßmann. „Ich möchte nicht in einer Situation leben, in der Menschen Angst haben müssen vor Ärzten oder Pflegekräften." Das deutsche Sozialministerium und die Bundes-Ärztekammer wandten sich kategorisch gegen aktive Sterbehilfe. Die Deutsche Hospiz- Stiftung warnte vor dem Versuch, aktive Sterbehilfe durch die Hintertür einzuführen. (www.krebshilfe.de) (16.102005)

 

 

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