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Arno Breker, Jean Cocteau und Ostersonntag 1924 in Paris

AB--Gesellschaft 1979 e.V. legt Datum der Erstbegegnung mit Cocteau fest

 

Von B. John Zavrel

 

Jean Cocteau war nicht nur ein französisches Multitalent sondern auch ein Vorbild in Sachen Freundschaft. Er pflegte Künstlerfreundschaften mit Edith Piaf sowie mit Pablo Picasso und Arno Breker. Beiden widmete er Graphiken des Motivs „De jungen Orpheus" mit Jean Marais als Modell. Die Beziehungen zwischen dem Franzosen und dem Deutschen waren im turbulenten 20. Jahrhundert auch ein Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft.

Foto: AB-Archive EKS

 

Paris/Berlin (mea) Arno Breker und Jean Cocteau begegneten sich das erste Mal am Ostersonntag 1924 in Paris. Daraus entstand eine lebenslange Künstlerfreundschaft, die bis zum Tod von Cocteau am 11. Oktober 1963 über 39 Jahr lang andauert. Die Festlegung dieses Datums ist der Cocteau-Forschung zu verdanken, die 2013 diese Daten offiziell bekanntgab.

„Die Erkenntnis ist sehr wichtig, um die Biographie von Arno Breker mit weiteren unwiderlegbaren Fakten zu ergänzen", erklärte ABG-Vorstandsmitglied Thomas Blumann. „Dies ist eine grundlegend Aufgabe der mit Zustimmung des Künstlers gegründeten ersten „Arno Breker Gesellschaft 1979 e.V.", um Leben und Wirken des am 13. Februar 1991 verstorbenen Bildhauers objektiv und umfassend für die Kunst- und Zeitgeschichte darzustellen". Die Arno Breker Society International (ABI) New York hat sich dieser Bewertung angeschlossen.

Die Forschung stütz sich auf bisher unbekannte Dokumente der Künstlerfreunde. Arno Breker schrieb in einem Brief an einen Freund vom 7. Januar 1989 in Erinnerung an Cocteau: „ Ein wohlmeinendes Schicksal hatte uns zur Osterzeit 1924 in Paris zusammengeführt. Es war die erste Reisemöglichkeit nach dem I. Weltkrieg für einen Deutschen, Paris für kurze Zeit besuchen zu können." Breker vermerkte in dem Schreiben, „dass Jean Cocteau- zu den größten Dichtern Frankreichs seiner Zeit gehört".

Das bisher letzte bekanntgewordene Bekenntnis Jean Cocteaus zu Arno Breker haben Sammler in französischen Privatarchiven gefunden. Mit Datum vom 21. August 1963 bezeugt Cocteau sechs Wochen vor seinem Tod erneut die Wertschätzung und Zuneigung zu dem damals 63-jährigen Bildhauer: "Ich habe nie eine englische, amerikanische oder jüdische Freundschaft verweigert, warum sollte ich eine deutsche Freundschaft en eugnen?" Als er 1963 für seine Büste Breker Modell stand, schriebt Cocteau über „ Die bestimmte Vergangenheit" (in der NS-Zeit) : «Breker wird von Deutschland gehasst! Von den Nazis weil er nicht zu denen gehörte und von den Nazi-Gegner wegen seiner Freundschaft mit Hitler. Man wirft m i r meine Freundschaft vor, aber sie s t e i g t wegen seines Unglücks." (21. 08.1963)

 

Jean Cocteau war im 20. Jahrhundert Zeitzeuge und ein gesellschaftlicher Mittelpunkt in der Kunst-Metropole Paris. Ein Höhepunkte war die Ausstellung zu Ehren von Arno Breker in der Orangerie in Paris, die Cocteau, Picasso und viele andere Künstler besuchten. Die Freundschaft Cocteau-Breker überdauerte die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die Nachkriegszeit ab 1945.

Foto: Archive History

 

Mit dem Zug in die „weite Welt"

Breker reiste 1924 von Elberfeld aus über Düsseldorf mit dem Zug nach Paris. Es war die „weite Welt!" für ihn. Versorgt mit Brot aus der Heimat für drei Tage und westfälischen Schinken wollte der damals 23-Jährige sicher gehen, vorerst unabhängig von Proviant zu sein. An der Seine fand Breker rasch Zugang zur Gesellschaft der Künstler und Kunstschaffenden der verschiedensten Gattungen. Jean Cocteau ( ) führte den schüchternen Neuankömmling in die „Bande les Montparnos" ein. Dabei kamen Breker seine Französisch-Kenntnisse zugute. Er kam gut aus mit dem bunten Völkchen des Montparnass mit seinen exotischen Frauen, verwegenen Männern, Gigolos und Intellektuellen. Dieser Gesellschaft, die Tag und Nacht auf den Beinen war, eilte in den 20er Jahren der Ruf voraus: „Lieben und leben lassen!" Als Breker die 22-jährige „Kiki vom Montparnasse" (1901-1953) das erste Mal sah, war er (wie vor ihm der junge US-Amerikaner Ernest Miller Hemingway (* 21. Juli 1899 in Oak Park, Illinois; Ý 2. Juli 1961 in Ketchum, Idaho) von der französischen Sängerin „sehr Angetan". Die erotische Schönheit, die mit 14 Jahren schon Bildhauern und Malern Modell stand, machte auch als Schauspielerin und Malerin Karriere. Sie war das Lieblingsmodell von Man Ray (* 27. August 1890 in Philadelphia, Pennsylvania; Ý 18. November 1976 in Paris), der auch Breker fotografierte.

 

Die Welt in Turbulenzen und Adolf Hitler vor Gericht

Im Jahr der zukunftsweisenden Paris-Reise 1924 von Arno Breker ist Deutschland und das Weltgeschehen voller Turbulenzen. Breker hatte vor allem seine künstlerischen Visionen im Sinn. Im Buch der Geschichte sind für dieses Jahr unter anderem vermerkt: in München fand der „Hitler-Ludendorff-Prozess" als Hochverrats-Prozess gegen Adolf Hitler und weitere Angeklagte. Die „Großdeutsche Volksgemeinschaft" wird als Ersatzorganisation für die nach dem Fehlschlag des Hitlerputsches in München verbotene NSDAP gegründet.

Die erste Kölner Messe wird vom Oberbürgermeister Konrad Adenauer eröffnet und findet auf dem neu errichteten Messegelände am Deutzer Ufer statt. In Deutschland werden die letzten Papiermark im Nennwert von fünf Billionen Mark gedruckt. Sie entsprechen nach der Währungsreform desselben Jahres fünf Rentenmark. In Berlin wird die erste Funkausstellung eröffnet

Zu den internationalen Ereignissen gehören 1924 in der Sowjetunion der Tod des Revolutionärs und Staatsgründers Wladímir Lenin. In der Schweiz verabschiedet der „Völkerbund" in Genf einstimmig ein Protokoll, das den Angriffskrieg ächtet. In den USA wird J. Edgar Hoover Chef des von ihm initiierten FBI. Er behält das Amt des Direktors 48 Jahre lang bis zu seinem Tod.

(1. 9. 2013)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 193 September 2013