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NS-Kunst: Arno Breker und Georg Kolbe im Vergleich

Felix Winckler zur Debatte der „erhabenen" Skulptur des Nationalsozialismus

 

Georg Kolbe 1935 : Kriegerdenkmal für Stralsund im heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Die Altstadt gehört seit 2002 mit dem Titel Historische Altstädte Stralsund und Wismar zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Dieses Kolbe-Motiv der „Kameradschaft bis in den Tod" erinnert an das Thema, das auch Arno Breker in seinem Großrelief „Kameraden" aufgegriffen hat.. Diese Arbeit wird jedoch häufig mit dem Pieta-Motiv verglichen. Das Breker-Relief war u.a. für den „Großen Bogen" der architektonischen Neugestaltung Berlins durch Albert Speer bestimmt.

Foto: History Archive

 

Berlin/Bielefeld (mea) Die Kontroverse um das deutsche Kunstschaffen im „Dritten Reich" hat in der Europäischen Union (EU) neuen Zündstoff erhalten. Ausgangspunkt ist eine kritische wissenschaftliche Arbeit von Felix Winckler mit dem Titel „Gegenwärtige Debatten im Bann der erhabenen Skulptur des Nationalsozialismus: Arno Breker und Georg Kolbe im Vergleich". Winckler hat die Untersuchung als Bachelorarbeit an der deutschen Universität Bielefeld vorgelegt. Die Situations-Schilderung wirft auch die Frage auf: darf und kann man in den von der Reichsregierung unter Adolf Hitler geförderten gegenständlichen Kunst trotz der nach 1945 begonnenen vehementen Kritik seitens der Nachkriegsgeneration von Kunsthistorikern sowie politisierender Künstler und Künstlerinnen auch „erhabenes Kunstschaffen" sehen?

 

Der junge Autor hat sich an ein äußerst umstrittenes Thema gewagt. Die Recherchen müssen sehr mühevoll und umfangreich gewesen sein, um die beiden aus heutiger Sicht als Star-Bildhauer ihrer Epoche zu bezeichnenden Künstler in den Griff zu bekommen: Arno Breker (1900-1991), der Jahrhundertbildhauer der Klassischen Tradition und der meistbeschäftigte Künstler des Dritten Reiches. Ihm gegenüber gestellt wird Georg Kolbe(* 15. April 1877 in Waldheim, Sachsen; Ý 20. November 1947 in Berlin), der von Hitler als „Altmeister deutscher Plastik" geschätzte Bildhauer, der ebenfalls bei den NS-Staatsausstellungen im „Haus der Deutschen Kunst" in München bis zum Schluss vertreten war.

Ausgangspunkt für Wincklers Untersuchung über diese „zwei Bildhauer zwischen Avantgarde und Nationalsozialismus" war 2012 ein Seminar an der Universität Bielefeld (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie (Abteilung Geschichtswissenschaft). Das Thema war:„Zwischen interesselosem Wohlgefallen und überwältigender Wirkmacht. Das Erhabene vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart." Dozent war Prof. Dr. Johannes Grave. Er sowie Dr. Jürgen Büschfeld (Zweitprüfer) haben die Bachelorarbeit abgenommen.

„Das Problem, ob überhaupt Kunst, die während der Zeit des Dritten Reichs geschaffen wurde, öffentlich zeigbar sei, war nicht neu und reicht bis in die Zeit unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zurück" heißt es in der Untersuchung. In diesem Zusammenhang sei das Ziel der vorliegenden Arbeit, die Skulpturen Arno Brekers und Georg Kolbes, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 entstanden sind, anhand von Beispielen vergleichend auf ihren Bezug zum Nationalsozialismus zu untersuchen und zu klären, worin dieser besteht. Daran anschließend solle, angelehnt an verschiedene Konzepte, der Begriff des Erhabenen in der Kunst definiert werden, um zu prüfen, ob auch die Skulpturen von Breker und Kolbe unter den Begriff des Erhabenen fallen könnten.

„Die gegenwärtigen Debatten (2012/2013) über die Frage, ob Kunst, die während der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) entstand, in einem Museum in öffentlicher Trägerschaft heute ausgestellt werden darf, beziehen sich im Wesentlichen auf die Vita des jeweiligen Künstlers". Schreibt der Autor. Er zitiert in diesem Zusammenhang aus der Publikation „Georg Kolbe in der NS-Zeit" der beiden befreundeten Kunsthistorikerinnen Josephine Gabler und Dr. Ursel Berger (Leiterin des Kolbe-Museums): „Und doch erscheint gerade in der Atmosphäre der Diktatur die Kenntnis vom Verhalten eines Menschen auch für die Einschätzung seines Werkes wichtig zu sein."

 

Prometheus" von Arno Breker. Aufnahme von einer aktuellen Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin.

Foto: Archiv

 

Ein "Who is Who" der „Breker-Feinde" ?

Bei der wissenschaftlichen Untersuchung der Problematik durch Felix Winckler ist auffallend, dass die Informationsquellen überwiegend von Personen und Institutionen stammen, die seit Jahrzehnten Kritik und Polemik gegen Breker verbreiten. Das Personenregister der Facharbeit liest sich nach Meinung von Sachkennern wie ein „Who is Who" der Breker-Feinde. Dabei kommen u.a. folgende Namen vor, die öffentliche Kontroversen mitbestimmten. Rudolf Conrades, Hermann Junghans, Klaus Staeck (Nazi-Kunst im Museum?), Arie Hartog, Lea Rosh, Ralph Giordano. Häufig wird in der Arbeit aus dem 2011 veröffentlichten „Skandal-Buch "Arno-Breker: Der Künstler und die Macht" des Autors Jürgen Trimborn zitiert, Der Verfasser dieses gleich zum Bestseller gewordenen Buches starb kurz danach 2012 mit 41 Jahren.

Die negative Haltung prominenter „Medien-geiler" Zeitgenossen gegenüber Arno Breker, findet immer wieder in deutschen Medien ein Echo wie etwa in: Der Spiegel Online, die Süddeutsche Zeitung, Stern, Schweriner Volkszeitung, Berliner Zeitung, Künstlerbund Mecklenburg-Vorpommern. In der Berichterstattung über die Schwerin-Ausstellung 2006 ließ sich der Chefsprecher des ZDF-Heute-Journal, Claus Cleber, in einer Nachrichtensendung für Millionen Zuschauer dazu hinreißen, Arno Breker als den „Bildhauer des Teufels" zu bezeichnen.

 

Behinderung des Quellen-Zugangs beklagt

Leser vermissen in der Untersuchung das Fehlen wichtiger Quellen aus dem Breker-Archiv der Erbin Charlotte Breker. Sie war einst als schlesische Krankenschwester Charlotte Kluge in den Haushalt des Künstlers gekommen, um seine schwerkranke erste Frau Mimina zu pflegen. Nach deren Tod heiratete die Krankenschwester den betagten Meister. Kritischen Fragestellern verwehrt sie stets den Zugang zum Archiv. Auf dieses Verhalten bezieht sich in der Untersuchung von Felix Winckler, dass es auch bei der kontroversen Ausstellung in Schwerin „nicht zu einer wissenschaftlichen Kontextualisierung der Person und des Werkes Brekers gekommen war". Als Gründe führt der zitierte Trimborn unter anderem an: „die „völlige Abhängigkeit der Ausstellungsmacher" von der Leihgeberin, Brekers zweiten Witwe Charlotte, „die einen kritischen Zugang zu Arno Breker verhindert" hätte.

Abschließend gesagt: Die geschichtswissenschaftliche Arbeit von Felix Winckler wirft letztlich auch eine Reihe interessanter neuer Fragen auf, die einer Antwort bedürfen. Wichtig aus der Sicht des Verfassers ist es jedoch in erster Linie, „dass die Verantwortlichen in Deutschland einen Weg finden mögen, unverkrampft, selbstbewusst und kritisch mit dem belastenden kunsthistorischen Erbe umzugehen, ohne dieses zu verheimlichen". Ein Beitrag der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihres Kulturstaatsministers Bernd Lehmann.(Kanzleramt) wird als erforderlich erachtet.

2. 06.2013

 

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 190, June 2013