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Deutsche Krebshilfe als treibende Kraft in der Palliativmedizin

 

Bereits über 60 Millionen Euro Spendengelder investiert.

Ernste Warnung: Krebs kann jeden Treffen

 

 

Von bpb-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

Andy Warhol hat dieses Porträt von Mildred Scheel geschaffen.

Die Ärztin ist die Gründerin der Deutschen Krebshilfe (German Cancer Aid), der führenden Bürgerbewegung in Kampf gegen den Krebs. Ohne die Frau das damaligen Bundespräsidenten hätte es keine so große Solidarität der Menschen bis heute gegeben. Die ungewöhnliche Frau motivierte auch Ärzte, Universitäten und vor allem verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger, ihren Beitrag zur Beherrschung von Krebskrankheiten zu leisten. Das Foto zeigt den Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, mit einer repräsentativen Warhol-Grafik (Detail).

Foto press-pool

 

Berlin/Dresden/Bonn (bpb) Das Leben schwerstkranker Menschen ohne grauenvolle Schmerzen und unerträgliche Beschwerden zu gestalten ist das Ziel der Palliativmedizin in Deutschland. Auf dem internationalen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) vom 9. bis 11. September 2010 in Dresden diskutierten rund 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Zukunft dieser Sparte in der Bundesrepublik und in Europa sowie über eine Zusammenarbeit mit den Fachmedizinern in den USA.

In Europa ist seit Jahrzehnten die Deutsche Krebshilfe „die treibende Kraft" im Kampf gegen den Krebs. Zu eigenen Projekten kommt die Finanzierung von Forschung, Institutionen und Studien aus Spendengeldern zum Nutzen aller Bürger. Auch der DGP-Kongress wurde von ihr mitgetragen.

Dank der Spenden-Treue der Bürger konnte die Organisation viel für die Menschen bewirken. So hatte die Krebshilfe-Gründerin Dr. Mildred Scheel bereits am 7. April 1983 die erste Modell-Palliativstation in der Klinik für Chirurgie der Uniklinik Köln eröffnet. „Wir haben viel erreicht, aber es ist noch viel zu tun", erklärte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, auf dem Kongress.

 

Anspruch auf Spezialversorgung für Krebskranke

Palliativmedizin brauchen vor allem Krebskranke. Auf dem Kongress war die ernste Warnung zu hören: Krebs kann jeden von uns treffen. Palliativ-Experten forderten daher übereinstimmend mit der Deutschen Krebshilfe eine umfassende Versorgung Schwerstkranker.

DGP-Präsident Professor Dr. Christof Müller-Busch appellierte, die Strukturdefizite rasch zu beheben und die Bemühungen für eine flächendeckende Versorgung zu intensivieren. Menschen mit einer unheilbaren Erkrankung haben einen gesetzlichen Anspruch auf umfassende Palliativ-Versorgung, wurde auf dem DGP--Kongress „Grenzen überwinden" betont Dabei sollen weder ihr Alter, noch die Art ihrer Grunderkrankung oder der Ort, an dem sie betreut werden wollen oder müssen, eine Rolle spielen.

 

Krebskrankheiten nehmen zu und die Menschen werden immer älter

„Der Bedarf an Palliativmedizin wird in den kommenden Jahren weiter steigen", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, auf der Tagung voraus. „Die Menschen werden immer älter und die Krebskrankheiten nehmen zu". Er bekräftigte unter Beifall erneut: „Unsere Organisation versteht sich als Sprachrohr der Krebs-Patienten". Nettekoven appellierte an Bund, Länder und alle Gesundheitsorganisationen, sich künftig noch stärker als bisher für die Palliativmedizin einzusetzen. „Die Deutsche Krebshilfe ist Wegbereiterin der Palliativmedizin in Deutschland und hat bisher über 60 Millionen Euro in den Auf- und Ausbau der Palliativmedizin investiert", erinnerte Nettekoven.

Ein konzertiertes Zusammenwirken aller im Gesundheitssystem verantwortlichen Kräfte ist auch notwendig, um die so genannte Spezialisierte Ambulante Palliativ-Versorgung (SAPV) voran zu bringen, für die es in Deutschland bereits seit 2007 eine gesetzliche Grundlage gibt.

 

 

 

Auf dem Palliativkongress in Dresden entstand dieses Gruppenbild von führenden Krebsexperten, die sich für den Fortschritt in der Palliativmedizin in Deutschland einsetzen. Von links nach rechts: Kongresspräsident Professor Dr. Rainer Sabatowski (Leiter des SchmerzCentrums im Universitätsklinikum Dresden), Hauptgeschäftsführer Gerd Nettekoven (Deutschen Krebshilfe), Kongresspräsidentin Dr. Barbara Schubert (Oberärztin am Krankenhaus St. Joseph-Stift und Leiterin der Abteilung Palliativmedizin, Dresden), Professor Dr. Friedemann Nauck (Georg-August-Universität Göttingen, Inhaber einer Stiftungsprofessur der Deutschen Krebshilfe). Daneben: Professor Dr. Christof Müller-Busch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e.V., Berlin und Kongresspräsident PD Dr. Ulrich Schuler (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden).

Foto:dkh/Marco-VG

 

Professor Sabatowski und Kollegen präzisieren Forderungen

Kongress-Präsidentin Dr. Barbara Schubert, beklagte: „Der Aufbau von SAPV-Teams kommt jedoch aus einer Vielzahl von Gründen nur sehr zögerlich in Gang". Einerseits stehe eine völlig neue Aufgabe vor allen Beteiligten, andererseits fehlten insbesondere in ländlichen Regionen sowohl Konzepte als auch die notwendigen personellen Kapazitäten zu ihrer Umsetzung. „Und letztlich treten Kostenträger zögerlich bei den notwendigen Vertragsabschlüssen auf", kritisierte die Ärztin.

Kongress-Präsident Professor Dr. Rainer Sabatowski und seine Kollegen präzisierten in Fach-Vorträgen ihre Forderungen. Er räumte ein, dass die geplante Novellierung der Betäubungsmittel-Verordnungsvorschrift „durchaus einen wichtigen Schritt in der Verbesserung der Versorgung von Palliativpatienten mit Opioiden" darstellt. „Allerdings bedarf es struktureller und organisatorischer Änderungen beispielsweise in Hospizen, damit diese Verbesserungen auch umsetzbar sind", fügte der Experte hinzu. Problematisch bleibe aber, dass an den meisten Medizinischen Fakultäten bisher noch kein Lehrstuhl für Palliativmedizin etabliert wurde. „Insbesondere in den so genannten neuen Bundesländern gibt es derzeit noch keinen einzigen Lehrstuhl", bedauerte Sabatowski.

Der Kongress machte deutlich, dass in der Frage Palliativmedizin vor allem auch die Koalitionsregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle gefordert ist. Das gilt auch für die Parteien und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Berlin.

 

Information für Kranke und ihre Familien sind wichtig

„Der Zeitpunkt des Kongresses ist gesundheitspolitisch günstig und wichtig", sagte Kongress-Präsident Dr. Ulrich Schuler (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden). „Denn die Diskussion um die Begleitung Schwerstkranker und Sterbender nimmt derzeit im öffentlichen Diskurs breiten Raum ein."

Tatsache ist jedoch, dass der Anspruch auf Palliativmedizin nicht in allen Bundesländern umgesetzt werden kann, weil entsprechende Angebote noch fehlen. „Wir benötigen einen flächendeckenden Auf- und Ausbau von Versorgungs- und Betreuungsstrukturen", forderte DGP-Präsidenten Müller-Busch. „Hinzu kommt die Implementierung des Versorgungsanspruchs in bestehende Einrichtungen und eine bessere Qualifikation der im Gesundheits- und Sozialwesen Tätigen. Denn noch immer sind viele Betroffene und ihre Angehörigen sowie die professionellen Helfer nicht ausreichend über die Möglichkeiten und Angebote im Rahmen der Palliativ- und Hospiz-Versorgung informiert."

 

Eine große Hilfe bei der Aufklärung der Bevölkerung ist die Informationsarbeit der Deutschen Krebshilfe in Bonn. Ihre Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unter der Leitung der Ärztin Dr. Eva M. Kalbheim mit erfahrenen, engagierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gilt als kompetent und vorbildlich.

Das von Fachleuten verständlich formulierte Informationsmaterial ist aktuell und auf dem letzten Wissensstand. Es wird auf Anforderung kostenlos abgegeben. www.krebshilfe.de

Damit wird ein Auftrag der Krebshilfegründerin Mildred Scheel beständig und verlässlich fortgeführt: „Offen und wahrheitsgemäß die Menschen informieren und sie als Mitstreiter gegen den Krebs gewinnen."

 

Das Informationsmaterial wird aus Spenden der Bürger finanziert. Da der Kampf gegen Krebs auch Menschen in anderen Ländern zugutekommt, sind Spenden aus dem Ausland ebenfalls herzlich willkommen.

Das Spendenkonto lautet:

Deutsche Krebshilfe, Konto 82 82 82 Kreissparkasse Köln. BLZ 370 502 99

IBAN: DE23 3705 0299 0000 8282 82 - SWIFT/BIC: COKSDE 33

 

Ziel der Palliativmedizin

Ziel der Palliativmedizin ist es nach Angaben der Deutschen Krebshilfe, die Lebensqualität unheilbar kranker Menschen bis zuletzt zu erhalten. Dazu gehört die Bekämpfung von Schmerzen und anderer Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot oder Verwirrtheit.

Auch psychische, soziale und spirituelle Anliegen rücken verstärkt in den Vordergrund. Die Bezeichnung „Palliativmedizin" leitet sich vom lateinischen Wort „Pallium" (Mantel oder Umhang) ab und steht für Linderung, Schutz und Wärme.

 

 

Copyright 2010 PROMETHEUS

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 159, September 2010