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Josef Thorak--ein Gigant der Bildhauerei

Gedenken zum 127 Geburtstag. Vor 64 Jahren in Bayern gestorben

 

Von Joe F. Bodenstein

 

Berlin: Josef Thorak war bereits bedeutend, bevor Reichskanzler Adolf Hitler 1933 an die Macht kam. Davon zeugen überlebensgroße Steinplastiken aus den 1920er Jahren, die seit damals auf öffentlichen Plätzen stehen. Noch ehe er von der Reichsregierung und Albert Speer deutsche Staatsaufträge erhielt, war er in der Türkei mit mehreren Denkmälern des türkischen Reformers Kemal Atatürk befasst. Der erste Präsident der aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen Republik Türkei war mit Thorak damals persönlich befreundet. Das Foto zeigt die in Berlin-Westend an öffentlicher Stelle befindliche Skulptur „Mutter mit Kind", ein begehrtes Thema des Künstlers.

(Photo: Thorak-Archive, EKS)

 

 

Salzburg/Berlin (bpb) Der 127. Geburtstag des Bildhauers Josef Thorak war für Kunstfreunde der klassischen Tradition am 7. Februar 2016 Anlass, besonders an das Leben und Werk dieses Künstlers zu denken. Das Josef-Thorak-Archiv der Europäischen Kultur Stiftung in Deutschland gab bekannt, die Sammlung von Daten für ein Werkverzeichnis hat zwar Zugenommen, jedoch fehlen noch wesentliche Figuren und vor allem sein sakrales Schaffen, die zum vielseitigen Oeuvre gehören.

Thorak wurde am 7. Februar 1889 in Wien geboren. Er starb am 25. Februar 1952 in seinem damaligen Schloss Hartmannsberg am Chiemsee in Bayern. Kurz davor war er nach einem längeren Krankenhausaufenthalt entlassen worden, weil er „Zuhause in vertrauter Umgebung sterben" wollte. Diesen Wunsch hatte ihn auch seine letzte Ehefrau Erna Thorak erfüllt. Thorak wurde im Familiengrab neben seiner Mutter in Salzburg beigesetzt. Ihr zu Ehren hatte er dort 1945 das sakrale Skulpturen-Ensemble „Pieta" mit trauernder Maria und Jüngern aufstellen lassen.

Josef Thorak gehört zu den führenden Bildhauern gegenständlicher Kunst im 19. und 20. Jahrhundert. Er war wie sein jüngerer Kollege Arno Breker in Zusammenarbeit mit Speer im „Dritten Reich" durch seine ungewöhnlichen Leistungen zum Staatsbildhauer aufgestiegen. Während Arno Breker für die künstlerische Gestaltung der großzügigen Staatsbauten des Reiches vorgesehen war, hatte Josef Thorak den Auftrag, vorrangig Skulpturenschmuck in Verbindung mit staatlichen Bauaufträgen in Deutschland zu schaffen.

 

Fluch und Verdammung nach dem „Untergang"

Nach dem Sieg der Alliierten Mächte Sowjetunion, USA und Großbritannien über NS-Deutschland und dem Untergang des Reiches mit Kriegsende 1945 erlebte der international bekannte Künstler nur Fluch und Verdammung von der neuen „Kultur-Elite" in der sich bildenden demokratischen Staatsform Deutschland ebenso wie im kommunistischen/sozialistischen System der damaligen DDR. Die Diffamierung in übelster Form von Leben und Werk Thoraks hält über seinem 127. Geburtstag im Februar 2016 unvermindert an. Immer wieder finden sich Kulturbeamte von Regierungen und Kunstgeschichte in der bereits zweiten Generation, die durch bewusste Vermischung von künstlerischem Schaffen und verächtlichen politischen Ereignissen vor über 70 Jahren in Europa sich zum persönlichen Richter über Schicksale erheben und daraus für sich öffentliche Aufmerksamkeit erhoffen.

 

Die öffentliche Meinung bleibt positiv

Im Gegensatz zur „veröffentlichten kritischen und diffamierenden Darstellung" über das künstlerische Schaffen von Josef Thorak hat sich die vernehmbare öffentliche Meinung der Kunst liebender Bürger positiv entwickelt. Sowohl im kollektiven Gedächtnis als auch im kulturellen Gedächtnis wird Josef Thorak als ein „Jahrhundertkünstler des deutschen Sprachraums" bewertet. Diese posthume Bewertung tröstet die Verehrer Thoraks nicht darüber hinweg, dass der begnadete Künstler mit 63 Jahren viel zu früh gestorben ist. Zu den Ursachen seines Todes zählen Kummer, Gram und Verzweiflung über die in den demokratischen Staat Bundesrepublik Deutschland und Österreich erlittene Behandlung nach dem Grundsatz: NS-Künstler haben keine Rechte mehr.

Das mit der Witwe Erna Thorak gegründete „Archiv Josef Thorak" wirkt seither als sachliche Informationsstelle. Ehefrau Erna Thorak hat das Verdienst, dass sie sich zu schamlosen Beleidigungen nie äußerte, mit Medien keinen Kontakt suchte und dadurch ihrer Familie und ihren Enkelkindern Scham und Schmach ersparte. Die schätzten Thorak-Verehrer als eine vorbildliche Haltung.

Das Josef-Thorak-Archiv betrachtet das weitere Auffinden von Fakten für die Künstler-Vita ebenso vordringlich wie die Erstellung eines Werkverzeichnisses. Dies kann nur auf privater und gemeinnütziger Basis und ehrenamtlich geschehen, da es für Künstler wie Thorak keinem öffentlichen Forschungsmittel gibt. Das Thorak-Archiv bittet daher immer wieder vor allem private Sammler und Sachkenner, Arbeiten vor Thorak dem Archiv zu benennen unter E-Mail: marco-vg@t-online.de . Frühere Thorak-Sammler sowie die Erben von Bekannten des Künstlers werden herzlich gebeten, auch Zeichnungen und die von Thorak in 1920 Jahren modellierten kleinen Figuren aus Bienenwachs beim Archiv registrieren zu lassen. Der Datenschutz wird vom Thorak-Archiv streng beachtet.

 

(7. Februar 2016)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 222, February 2016