Home | Prometheus Nr. 220| Alexander Order


Helmut Schmidt Staats-Akt in Hamburg

Große Trauer um den bedeutenden SPD-Bundeskanzler

 

Von Parlaments-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

In der Hamburger St. Michaelis-Kirche sind zahlreiche Vertreter aus Politik, Kultur und Gesellschaft bei einem Staatsakt zusammengekommen, um Abschied von Helmut Schmidt zu nehmen. Der Altbundeskanzler war am 10. November im Alter von 96 Jahren in Hamburg gestorben.

Foto: press-pool

 

Hamburg / Berlin (bpb) Helmut Schmidt, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland von 1974 bis 1982 ist tot. Er starb am Dienstag (10. November 2015) im Alter von 96 Jahren. Der Sozialdemokrat mit autoritärem Führungsstil war in der Bevölkerung so bekannt wie die CDU-Kanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl. Der SPD-Politiker war auch mehr als 30 Jahre nach dem Ende seiner Kanzlerschaft sehr populär. Schmidt für die Bevölkerung in allen Parteilagern einer „moralische Instanz", weil er ehrlich seine Meinung und Kritik an Politik und gesellschaftlichen Entwicklungen äußerte.

Er war auch ein Gegner der aktuellen so genannten Flüchtlingspolitik der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die Grenzen für die unkontrollierte Einreise von hunderttausenden Muslimen aus Syrien und Afrika geöffnet hat. Schmidt war vom Anfang an auch ein entschiedener Gegner des geplanten Beitritts der Türkei zur Europäischen Union. Er befürchtete, dass der Beitritt die außenpolitische Handlungsfreiheit der EU gefährden würde. Er hielt auch nichts von dem in der Bevölkerung scharf kritisierten Slogan auch führender Politiker der CDU , dass der Islam zu Deutschland gehöre.

Am Staatsakt in der St. Michaelis-Kirche in Hamburg nahm nach protokollarischer Tradition auch Bundeskanzlerin Merkel teil. Eine eindrucksvolle Rede hielt der frühere US-Außenminister Henry A. Kissinger, der aus Fürth in Deutschland stammt. Der Staatsmann sei „eine Art Weltgewissen" gewesen, sagte er in Deutsch.

Schmidt war stets ein Mann der klaren Worte. Dies brachte ihn in seiner politischen Karriere nach 1945 den(mehr als Kompliment gedachten) Beinamen „Schmidt-Schnauze" ein. Schmidt hatte wie Millionen Deutsche auch eine zeitgeschichtlich bedingte NS-Vergangenheit, über die er jedoch offen sprach. 1941 war Schmidt Wehrmachts-Offizier bei der Ersten Panzer-Division an der Ostfront. Nach seiner Vita war er unter anderem an der „Leningrader Blockade" beteiligt und erhielt die Auszeichnung „Eisernes Kreuz 2. Klasse". Im Kriegsjahr 1942 heiratete er in Offiziers-Uniform seine einzige Ehefrau Loki´, mit der er eine Tochter hatte. Durch seine eheliche Treue bis in den Tod war er auch ein moralisches Vorbild für die Gesellschaft. Es wäre für ihn auch unvorstellbar, wie etwa andere SPD-Kanzler mehrmals verheiratet zu sein. Im April 1945 geriet Schmidt in der Lüneburger Heide in britische Kriegsgefangenschaft. Bereits vier Monate später wurde er jedoch entlassen. Bald danach engagierte er sich im Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Landes. In seiner politischen Karriere blieb er ein „nordischer Demokrat" mit besonderer Liebe zu Hamburg. Er hatte auch manchen Disput mit seinen SPD-Kollegen zu bestehen, die den willensstarken Parteimann manchmal auch als eine Last empfanden.

 

Tausende Menschen an den Straßen

Die Trauerfeier am 23. November 2015 in der Kirche war aus Sicherheitsgründen nur für 1.800 geladene Gäste. Vor der Kirche waren zahlreiche Kränze aufgestellt, die im Gotteshaus keinen Platz mehr fanden. Mit militärischen Ehren wurde der Sarg zum Ohlsdorfer Friedhof geleitet, wo das Familiengrab befindet. Tausende Bürger säumten die Straße, um in dieser historischen Stunde für einen großen Deutschen dabei zu sein.

Der evangelische Pastor Alexander Röder sagte in seiner Gedenkrede treffend: „Der Tod des großen Staatsmannes Helmut Schmidt hat Millionen Menschen auf der Welt tief berührt". Schmidt sei ein „Vorbild an Geradlinigkeit, Redlichkeit, Klugheit, Kantigkeit und auch an Bodenständigkeit" gewesen.

Als eine Unart wurde empfunden, dass Helmut Schmidt in den letzten 30 Jahren Ketten-Raucher war. Er war der einzige Prominente für den das „Rauchverbot in TV-Studios" nicht gelten konnte. „Wer mich nicht rauchen läst, zu dem gehe ich auch nicht in eine Fernsehsendung", war sein Prinzip. Die letzte Zigarette rauchte er kurz nach Einlieferung in das Krankenhaus.

 

(2. Dezember 2015)

 

Copyright 2015 Prometheus

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 220, December 2015