Home | Prometheus Nr. 216 | Alexander Order


Bayreuther Festspiele 2015: Angela Merkel brach zusammen

Alle Jahre wieder: Modenschau mit deutscher Kanzlerin

 

Von B. John Zavrel

 

Shooting-Star bei den Bayreuther Festspielen 2015 war Angela Merkel, weil sie die politisch ranghöchste Besucherin der Eröffnungs-Premiere war. Sie kam in Begleitung ihres Ehemannes Professor Joachim Sauer, ein ehemaliger DDR-Wissenschaftler.

Foto: press-pool

 

 

Bayreuth/Washington (mea) Die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth finden traditionsgemäß vom 25. Juli bis 28. August statt. Alle Jahre wieder kommt seit über zehn Jahren auch die CDU-Politikerin Angela Merkel auf den „Grünen Hügel" in der Festspielstadt. Er war einst auch das beliebte Musik-Ziel Adolf Hitlers. Der „Führer" hatte dieser internationalen Kult-Stätte selbst im Zweiten Weltkrieg das Überleben gesichert. Seine häufige Anwesenheit und seine finanzielle Kultur-Förderung hatte dazu beigetragen, dass die legendäre Winifred Wagner das Lebenswerk ihres Schwiegervaters Richard Wagner fortführen konnte.

An der Eröffnungsaufführung 2015 nahm wieder Bundeskanzlerin Angela Merkel teil. Sie wird in Medien als „Liebhaberin der Wagner-Musik" und eine Verehrerin dieses Musik-Genies bezeichnet. Was echt gemeint ist und was unter Public-Relation fällt, bleibt offen. Ein Regierungschef ist immer auf Walkampf.

Auf alle Fälle ist seit dem Tod von Winifred Wagner Bayreuth nicht mehr ein elitärer Treffpunkt wirklicher echter Musik-Freunde. Vergleicht man die Gäste-Liste mit früheren Zeiten, so fehlen die internationalen Gestalten der High Society ebenso wie gekrönte und ungekrönte Staatsoberhäupter. An diese hochstehende „Kultur-Zeit" erinnern vor allem die grandiosen Porträtbüsten von Richard Wagner, seiner Ehefrau Cosima Wagner und deren Vater Franz Lizst. Der Jahrhundert-Bildhauer Arno Breker hat sie gestaltet.

 

Kanzlerin ersetzt „Glanz der Vergangenheit"

Nach dem großen Glanz der Vergangenheit war 2015 die deutsche Kanzlerin Merkel Hauptattraktion der Premiere. Die Musik wurde in den Medien zweitrangig behandelt.

Dafür verffentlichten Medien aller Art Foto-Serien über der Regierungschefin neue Kleider und Kleiderfarben der letzen zwölf Jahre. Es mag sich um teuere Gebilde handeln, jedoch für kritische Betrachter haben sie alle „nur den Reiz eines Kaftans": weit wie ein Sack, viel Körper-Volumen verhüllend und die Beine bis zu den Knöcheln verdeckend.

Wie dem auch sei: Bei den Festspielen 2015 hatte Merkel mit Nebensächlichkeiten die Schlagzeilen in Deutschland abgeräumt. Merkel sei bei den Bayreuther Festspielen „ohnmächtig zusammengebrochen", schrieb die Zeitung „Bild". Die sonst bestens informierte auflagenstärkste Tageszeitung in Europa ruderte jedoch bald wieder zurück. Eine deutsche Kanzlerin von der Robustheit von Frau Merkel fällt einfach nicht in Ohnmacht. Des Rätsels Lösung: Nicht die Regierungschefin ist zusammengebrochen, sondern der Stuhl, auf dem die etwas mollig gewordene Dame.

 

„Weibergeschichten" gehören zum Medien-Rummel

Bayreuth nach 1945 lebt bis in die Gegenwart vom Medienrummel. Dabei scheinen „Weiber-Geschichten" seit Richard Wagners Zeiten besonders zu interessieren. Nach dem Krieg begann es mit der Verdammung der einstigen „Hohen Frau" Winifred Wagner von Hitlers Bayreuth. Ihre Kinder, die „Onkel Wolf" zu Hitler sagten, verboten ihr wegen der einstigen Freundschaft mit dem Diktator, die Wagner-Villa zu betreten.

Dann trennte sich ihr Sohn Wolfgang Wagner von seiner ersten Frau und zeugte mit seiner zweiten Frau ebenfalls eine Tochter. Die heute repräsentative Blondine wird in den Medien als Regisseurin und entscheidende Frau von Bayreuth präsentiert. Mit der erstgeborenen ihres Vaters, Eva Wagner, bildet sie derzeit das Führungs-Duo der Gegenwart. Medienberichte über angebliche Rivalitäten zwischen den Halbschwestern können möglicherweise auch zum Konzept der modernen Öffentlichkeitsarbeit gehören. In Bayreuth ist somit immer etwas los. Dass es dabei auch um Klatsch und Tratsch geht, gilt als willkommener Trend im Medienzeitalter.

 

Bayreuth und die Beziehungen zu den USA

Übrigens: Bayreuth hat auch viel mit den USA zu tun. Bedeutende englischsprachige Sängerinnen und Sänger haben wichtige Partien in Opern und Musikdramen Wagners gesungen, die früher von jüdischen Sängern belegt waren.

Nach dem verlorenen Krieg der Deutschen gegen die Alliierte Übermacht erfolgte die Besetzung Bayreuths durch amerikanische Truppen. Im April 1945 wurde das Festspielhaus zunächst beschlagnahmt. Da es den Krieg ohne Zerstörungen überstanden hatte, wurde es bald für Musikaufführungen der amerikanischen Truppen genutzt. Bereits am 31. Mai 1945 fand ein Konzert von Grace Moore und Martini statt. Es wurden Revuen, Kriminalkomödien sowie Unterhaltungsmusik aufgeführt. Außerdem gab das nach dem Krieg gegründete und nur bis Dezember 1948 bestehende "Bayreuther Symphonieorchester (Seite nicht vorhanden)" Bayreuther Symphonieorchester dort Konzerte. Den Anfang machte am 24. Juni 1945 ein Konzert für die 9. US-Panzerdivision. Im Dezember dirigierte sogar der damals 78-jährige Paul Lincke ein Konzert mit dem Titel Music You Love To Hear. 1946 wagte sich das Symphonieorchester an Opernaufführungen. Beispielsweise wurde im Juni 1946 die Oper Tiefland im Festspielhaus gegeben.

.

(29.7.2015)

 

Copyright 2015 Prometheus

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 216, August 2015