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Die Krebs-Selbsthilfe ist eine wichtige Säule im Kampf gegen die Volkskrankheit

Deutsche Krebshilfe-Gründerin Dr. Mildred Scheel hatte in Frauen erste Verbündete

 

Von Parlaments-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

Die Gründerinder Deutschen Krebshilfe, Dr. Mildred Scheel, hatte für die Anliegen der Krebskranken Frauen von Anbeginn ein offenes Ohr. Sie gehörten zu ihren ersten Verbündeten im Kampf gegen die Volkskrankheit. Durch Bildung von Selbsthilfegruppen haben sie gemeinsam „Zeichen und Maßstäbe gesetzt".

(Foto: Archiv/Marco-VG)

Berlin/Bonn (bpb) Die Deutsche Krebshilfe hat neben ihren vorbildlichen Leistungen beim Aufbau der gemeinnützigen Hilfsorganisation das große Verdienst, dass sie die Idee von Selbsthilfe-Gruppen als ortsnahe Gesprächspartner für Patienten in die Tat umgesetzt hat. An die ehrenamtliche Mitarbeit Betroffener oder ihrer Familienangehörigen hatte die Krebshilfe-Gründerin Dr. Mildred Scheel, schon damals gedacht. Wenige Wochen nach der Gründung am 25. September 1974 in Bonn sagte sie in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP: „Es gilt auch ein breites Netzwerk von Selbsthilfegruppen zu schaffen. Diese Gruppen können als direkte Gesprächspartner der Bürger vor Ort eine starke Säule im Kampf gegen den Krebs bilden."

 

Die Visionen der Röntgenärztin sind erfreuliche Realität geworden. Vor allem betroffene Frauen waren ihre ersten Verbündeten. Sie haben bis heute der Hilfsorganisation die Treue gehalten. Sie engagieren sich dauerhaft und verlässlich. Dies ist für die Sache ebenso wichtig wie die Spenden-Treue der Bürger, die Förderleistungen der Krebshilfe in der Krebsforschung, der Therapie-Sicherung und Verbesserung der medizinischen Behandlung. Bundesweit gibt es inzwischen Selbsthilfe-Gruppen, die auch nach der Akutbehandlung erste Anlaufstelle für Patienten und deren Familienangehörige sind.

Da es mit gutem Rat nicht immer getan ist, hat die Deutsche Krebshilfe bereits vor Jahren damit begonnen, Gruppen und Hilfsvereine als Kontaktstellen und Begegnungsstätten finanziell zu fördern. Dabei muss verantwortlich mit den Spenden der Bürger umgegangen werden. Sie gaben vom Anfang an das Geld gezielt dafür, dass die Krebshilfe als zentrale Organisation vor allem Fortschritte in der Krebsbekämpfung und der möglichen Heilung von an Krebs erkrankten Frauen und Männern fördert. So sagte bereits Mildred Scheel in Gesprächen mit Frauengruppen zu, „kleine Finanzhilfen für den Aufbau" von ‚Selbsthilfe-Strukturen zu leisten. Es war somit eine Starthilfe aus Spendengeldern zur Selbsthilfe. Sie ermutigte zum Engagement: „Bemühen Sie sich bitte selbst um Spenden in ihrem lokalen Umfeld, um helfen zu können. Und machen Sie Ihren Mitbürgern ruhig verständlich deutlich, dass die lebensbedrohende Krankheit Krebs jeden von uns treffen kann."

 

Das „Haus der Krebs-Selbsthilfe" in Bonn erinnert an die Aufbauzeit der bahnbrechenden Hilfsorganisation. Das Bild zeigt das über 100 Jahre alte Gebäude in der früheren Bundeshauptstadt Bonn mit dem Haupteingang (Mitte) von der Humboldt-Strasse aus.

Foto: Archiv/bpb

Krebs-Selbsthilfe: Mut und Zuversicht schöpfen

Die Zusammenarbeit im Haus der Krebs-Selbsthilfe ermöglicht einen ständigen Erfahrungsaustausch, die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und die bessere Abstimmung gemeinsamer Aktivitäten. Das Motto ist: „Kompetenz unter einem Dach". Alle Bundesverbände im Haus der Krebs-Selbsthilfe werden von der Deutschen Krebshilfe gefördert.

Die Erkenntnis ist klar: Krebs-Selbsthilfegruppen sind wichtige Anlaufstellen für Patienten. Auch Familienmitglieder wie Eltern, Kinder oder Ehepartner berichten immer wieder, dass sie nützliche Sachinformationen erhalten und in den Gruppen „häufig auch durch Trost neuen Mut erhalten". Aus dem Erfahrungs- und Gedankenaustausch mit Gleichbetroffenen können Patienten Zuversicht schöpfen. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, machte die Beobachtung: „Die Mitglieder von Selbsthilfegruppen sind aufgrund der Erfahrungen mit ihrer eigenen Erkrankung Fachleute für Fragen des Kranken- Alltags und der Lebensgestaltung. So können sie auf die speziellen praktischen und emotionalen Bedürfnisse von Krebskranken eingehen, über krankheitsbedingte Schwierigkeiten informieren und konkret helfen, etwa beim richtigen Einsatz von Hilfsmitteln."

Selbsthilfe-Gruppen arbeiten unterschiedlich, berücksichtigen jedoch stets die Anliegen der Hilfssuchenden. Entsprechend der Nachfrage werden unter anderem Gemeinschaftstreffen, Gesprächsrunden und Vorträge angeboten. Dabei erfahren Betroffene, wie andere ihren Alltag bewältigen und was sie selbst tun können, um den Schock von Diagnose und Therapie zu überwinden. Die Diagnose Krebs schockiert jeden gleichermaßen schwer. Nach ärztlichen Angaben folgen fast immer Mutlosigkeit, Depressionen und Todesangst. Es tritt eine Art psychische Lähmung und Hilflosigkeit ein. Solche Symptome treten bei allen Betroffenen auf, egal ob es sich um bekannte und berühmte Personen aus Politik und öffentlichem Leben handelt oder um „normale Menschen wie Du und ich", also die Nachbarin von nebenan, ein Arbeitskollege oder eine alleinerziehende junge Mutter in der Nachbarschaft. Die auftretenden „seelischen Zustände" können durch Gespräche und Rat in Krebsselbsthilfe-Gruppen leichter überwunden werden als in der Isolation.

 

Eine Pionierin der Bewegung Selbsthilfe nach Krebs: Hilde Schulte. Die Deutsche gehört zu den engagierten Frauen der ersten Stunde. Sie hat jahrzehntelang ehrenamtlich gewirkt und war unter anderem Bundesvorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V. Die Deutsche Krebshilfe (Bonn) und die Deutsche Krebsgesellschaft Berlin (DKG) haben sie für Ihre Leistungen mit Preisen ausgezeichnet.

(Foto: HNA/Rose, Archiv)

 

Das „Haus der Krebs-Selbsthilfe" in Bonn hat sich bewährt

Eine besonders bewährte Einrichtung wurde das 2006 gegründete „Haus der Krebs-Selbsthilfe". Dafür stellte die Organisation ihr früheres Verwaltungsgebäude (Thomas-Mann-Straße 40) zur Verfügung. Von dort aus wurde das Lebenswerk von Mildred Scheel fortgesetzt, Zugleich wurde eine Vielzahl von lokalen Gruppen zur Selbsthilfe im Kampf gegen Krebs ermutigt. Das zentral gelegene Gebäude in Nähe des Hauptbahnhofs Bonn hat somit engen Bezug zur Gründerin der inzwischen zur „größten Bürgerbewegung gegen den Krebs" in Europa gewordenen Deutschen Krebshilfe. Im Haus befinden sich die Bundesgeschäftsstellen und Verbindungsbüros von zehn bundesweit tätigen Selbsthilfe-Organisationen. Das Motto ist „Kompetenz unter einem Dach".

Die Präsenz der Gruppen in einem Haus soll die Zusammenarbeit in und den ständigen Erfahrungsaustausch ermöglichen. Ressourcen sollen gemeinsam genutzt und Aktivitäten besser abgestimmt werden. Dies hilft den Vereinen Kosten zu sparen und Doppelarbeiten in gewissen Bereichen zu vermeiden. Neben meist zeitlich begrenzter finanzieller Hilfe wird den Verbänden das aktuelle Informationsmaterial der Deutschen Krebshilfe zur Verfügung gestellt. Dieses wird an Mitglieder und an alle Interessenten auf Anfrage kostenlos weitergeben.

Kontakt: Haus der Krebs-Selbsthilfe, Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn. Tel.: 02 28 / 33 88 9-0. Fax: 02 28 / 33 88 9-560). Im Internet ist die Einrichtung zu erreichen unter: Haus der Krebs-Selbsthilfe

 

Zu den von der Deutschen Krebshilfe geförderten Krebs-Selbsthilfeorganisationen inn diesem Zentrum gehören:

1. Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V

2. BRCA-Netzwerk e.V.

3. Bundesverband Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V.

4. Bundesverband der Kehlkopfoperierten e.V.

5. Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V.

6. Deutsche ILCO e.V. &endash; Vereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs

7. Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V.

8. Bundesverband Schilddrüsenkrebs - Ohne Schilddrüse leben e.V.

9. Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e.V.

10. Deutsche Hirntumorhilfe e.V.

 

Es ist verständlich, dass auch kleinere Gruppen in den Bundesländern und Berlin finanzielle Hilfe der Deutschen Krebshilfe gerne annehmen würden. Abgesehen davon, dass die nötigen Geldmittel fehlen, müsste die Krebshilfe nach dem Gießkannen-Prinzip Unterstützung leisten. Es besteht in der Bevölkerung jedoch die Einsicht, dass die Deutsche Krebshilfe kein Förderverein für Selbsthilfegruppen sein kann, sondern entsprechend ihrer Satzung sozusagen „dem großen Ganzen" verpflichtet ist. Es ist wichtig zu wissen: Die Deutsche Krebshilfe finanziert seit ihrer Gründung vor über 40 Jahren die Projekte aus Spenden der Bürger, um unabhängig zu bleiben von Politik und Pharmaindustrie. Ein positiver Trend in Deutschland ist, dass inzwischen auch Krankenkassen, Wohlfahrtsorganisationen, Städte und Gemeinden Solidarität mit örtlichen Selbsthilfegruppen zeige. Sie leisten finanzielle unterstützen beim organisatorischen Aufbau und stellen Räumlichkeiten für die Beratungsarbeit zur Verfügung.

 

( 7. März 2015)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 211, March 2015