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Angela Merkel zeigt wegen Dalai Lama China die Zähne

Aufregung um Empfang des Dalai Lama in Berlin und Proteste aus Peking

 

Von bpb-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) mit dem Dalai Lama in ihrem offiziellen Büro im Bundeskanzleramt Berlin. Im Hintergrund ist durch das Fenster der Reichstag zu sehen. Das geistliche Oberhaupt Tibets hatte der deutschen Regierungschefin zur Begrüßung den traditionellen weißen Freundschaftsschal umgehängt.

Foto: Presspool

 

Berlin (bpb) Der Dalai Lama wurde trotz aller Proteste aus China von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundeskanzleramt in Berlin empfangen. Die Bundesregierung hat die Begegnung vom 23. September 2007 aus diplomatischen Gründen als „privaten Meinungsaustausch" herabgestuft. Tatsächlich war es bisher die höchste staatliche Anerkennung für das geistliche Oberhaupt des von China seit Jahrzehnten Besetzten Tibets in Deutschland. Der Buddhistische Führer war bereits am 10. November 1998 von US-Präsident Bill Clinton im weiße n Haus zusammengetroffen.

Nicht alle Politiker der CDU/CSU-SPD Regierungskoalition fanden die Entscheidung gut. Deutschland steht damit am bisherigen Ende einer langen Liste von hunderten Begegnungen und Gesprächen, die der heute 72jährige Dalai Lama von seinem indischen Exil aus seit 1956 hatte. Die meisten derartigen Begegnungen waren von Chinesischen Protesten begleitet. China sieht im Dalai Lama das größte Symbol des tibetischen Widerstandes gegen China, das die Himalaya-Region 1950 annektierte,

Bundeskanzlerin Merkel haben die chinesischen Interventionen nicht beirrt. „Sie hat den Chinesen die Zähne gezeigt", heißt es in diplomatischen Kreisen. Die Führung in Peking musste erkennen, dass die CDU-Politikerin trotz aller Beteuerung der guten Beziehungen zum Wirtschaftsgiganten China in der Frage der Menschenrechte unnachgiebig ist. Somit wurde nach Ansicht politischer Beobachter offenbar, dass Merkels Freundlichkeiten bei den politischen Gesprächen mit der chinesischen Staatsführung in Peking ebenso viel wert sind wie Chinas wiederholt erklärte Absicht, Bewegung in die Menschenrechtsfrage zu bringen.

 

China forderte Einreiseverbot

Die Forderung Chinas an die Bundesregierung, den Dalai Lama gar nicht nach Deutschland einreisen zu lassen, wirkte in der Öffentlichkeit lächerlich. Seit 40 Jahren reist der Dalai Lama durch die ganze Welt, um für die Freiheit Tibets und ein besseres Leben „der unterdrückten Tibeter im eigenen Land" zu kämpfen. Die Tür für diese Begegnungen auf höchster politischer Ebene öffnete Papst Paul V. im Jahr 1973. Damals war der Dalai Lama „als einfacher Mönch" auf Pilgerreise gegangen und traf am 29. September den Heiligen Vater in Rom. Von da an trauten sich immer mehr Politiker, mit dem Dalai Lama offiziell Gespräche zu führen und ihn auch zu empfangen. Dazu gehörten Frankreichs Präsidenten Francois Mitterrand und Jacques Chirac.

Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an den Dalai Lama nahmen die Ehrungen und Einladungen zu. Im Jahr 2006 war er von Februar bis Mitte Oktober in aller Welt unterwegs. Er hatte mindestens über 40 Treffen mit Führungseliten in Südamerika, USA, Kanada, Asien sowie Ost- und Westeuropa. Dazu gehörte ein Treffen mit Papst Benedikt XVI. am 13. Oktober 2006 im Vatikan.

 

Die Beliebtheit des Dalai Lama in Gefahr

Trotz aller Erfolge der Tibeter ist die Beliebtheit ihres buddhistischen Führers in Gefahr. Die permanente Reisetätigkeit des Dalai Lama sowie die Geschäftstüchtigkeit seiner Tibet-Lobby trägt offensichtlich nicht dazu bei, die Popularität des Dalai Lama weiter zu steigern. Im Gegenteil. Hinter den Kulissen des schönen Scheins wird beklagt, dass der Dalai Lama all jene vergessen habe, die ihm und den Tibetflüchtlingen in Indien bereits vor 40 Jahren mit Hilfe und Rat zur Seite standen.

Die tibetische Exilregierung in Indien wird inzwischen nach westlichen und international erfolgreichen Managementregeln geführt. Das scheint in einer modernen Welt unvermeidlich. In der vom Dalai Lama aufgebauten Administration haben die „neuen Garden" die Oberhand. Dazu gehören jene Tibeter, die in Schweizer Kinderdörfern erzogen oder als Mönche zum Studium in den Westen geschickt wurden. Die neue Generation soll für Aufgaben in einem von China befreiten Tibet vorbreitet werden. Inzwischen wird beobachtet, dass einstige Mönche im Westen heirateten sowie die in Europa und Amerika geschulten Tibeter sich so an das neue Leben angepasst haben, dass sie mit Tibet und dem indischen Exil nur noch wenig zu tun haben.

 

Was diese neue Tibet-Generation zusammenhält ist ihre Existenzsicherung im System Dalai Lama. Dieser persönlich völlig anspruchslose Mann hat für ein weltweit verbreitetes Gefolge zu sorgen, das sich selbst um Einnahmequellen bemühen muss. So sind die einstigen "Pilgerreisen" des Dalai Lama in Europa und Amerika zu Geschäftsreisen geworden. Die Administration des Dalai Lama kann bei den vielen vorliegenden Einladungen nach den gesetzten des Marktes wählen: wer alle Reisekosten übernimmt und wer zusätzlich die höchsten Spendenbeträge bereitstellt, dessen Einladungen werden angenommen. Der Dalai Lama scheint von diesen Methoden nichts zu wissen. Er wird von seiner Administration ständig auf Reisen geschickt und ist die meiste Zeit eines Jahres im Ausland. Es liegen bereits Termine bis 2010 vor.

 

 

© PROMETHEUS 124/2007

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 124, October 2007